Zum 38. mal wurde der Gordon Bennett Gas Ballon Cup 1994
in Lech am Arlberg ausgetragen. Der Startplatz befindet sich
immer im Land des Vorjahres Siegers. Da 1993 in Albuquerque/New
Mexiko - USA Joschi Starkbaum dieses Rennen zum 7. mal gewinnen
konnte, brachte er es nach 2jähriger Pause wieder nach
Österreich zurück.
Der 1. Platz geht an das Team, welches die weiteste Entfernung
zwischen Startplatz und Landeplatz zurücklegen konnte,
egal welche Fahrtroute der Ballon zurücklegte oder wie
lange er in der Luft verweilte.
Thomas Lewetz und Silvia Wagner, nahmen zum 5. mal an diesem
Rennen teil. Immer in abwechselnden Rollen als PIC oder Copilot.
2 mal konnten sie den 4ten Platz erringen. Schön wäre
ein Platz unter den ersten 3.
Hier ihr Bericht:
Bei schönstem Wetter trafen wir mit unserer Crew am
Donnerstag vor dem geplanten Start in Lech ein. Einige der
anderen Teams waren schon zum Höhenaklimatisieren früher
angereist. Durch unseren Beruf, Fallschirmspringer absetzen
mit einem 25ig sitzigen Turbopropflugzeug aus 4000 m über
Grund, sind wir an den Aufenthalt in großen Höhen
gewöhnt und es stellt daher der längere Aufenthalt
über den Alpen kein Problem dar.
Freitag vormittag, ein Kaiser Wetter wie aus dem Bilderbuch.
Es werden alle erforderlichen Formalitäten erledigt,
erstes Briefing für 17h angelegt. Kurz davor beginnen
sich Wolken über die Berge zu schieben. Während
des Briefings beginnt es zu schneien. Herbert Pümpl,
unser Wetterfrosch, läßt uns nicht viel Hoffnung
auf den geplanten Start für Samstag abend. Die einzige
Chance sieht er wenn überhaupt vielleicht für Sonntag
früh.
Wie immer, unser Korb ist bereits eingeräumt, Großteils
des Proviants besorgt, nur mehr die frischen Sachen werden
am Samstag gekauft.
In der ausgelosten Startreihenfolge ergibt sich, daß
wir als 2te hinter dem Team Allen Fraenckel/Jackie Robinson
von den Virgin Islands ins Rennen gehen sollen.
Scheinwerfer und die österreichische Hymne verabschieden
uns in die kohlrabenschwarze Nacht. Es ist 5h Früh, allzulange
wird das Tageslicht nicht auf sich warten lassen. Kaum ein
Hauch bewegt uns vom Startplatz, langsam zieht es uns zu den
Berghängen. Immer mehr Ballone steigen auf und wir kreisen
immer noch in unmittelbarer Nähe zum Startplatz. Als
es hell wird, sehe ich die meisten Ballone höher und
etwas weiter Talabwärts. Einige kann ich beobachten,
wie sie die Geduld verlieren und auf Kammhöhe steigen.
Thomas hatte sich gleich nach dem Start hingelegt, von ihm
war nur das gleichmäßige Atmen zu hören. Diese
friedliche Stimmung im Korb gab mir die Kraft, nicht die Nerven
über Bord zu werfen, die anderen Ballone wegziehen zu
lassen und mir den Satz "Zusammengezählt wird am
Schluß" wieder einmal einzuprägen.
5 Stunden nach dem Start waren wir dann in Wörgl, 10
km vom Startplatz entfernt, angelangt. Das Wetter war nicht
ausgesprochen schön. Immer wieder zogen riesige Wolkenfetzen
über die Berge hinweg. Geruhsam bewegte sich unser Gefährt
das Lechtal hinab, um dann links in ein Seitental abzubiegen
und eine längere Pause einzulegen.
Nun zogen die Berge ringsherum zu. Daher entschlossen wir
uns widerwillig, kostbaren Ballast zu opfern und über
die Gipfel zu steigen. Die andere Alternative wäre nur
eine Landung in diesem Tal gewesen, da der Ballon überhaupt
keine Veranlassung sah, diesen Aufenthaltsort wieder zu verlassen.
Wunderschöner Sonnenschein, unter uns eine aufgerissene
Wolkendecke und die angeschneiten Alpen waren hier die bessere
Entscheidung. Da für den Süden ein Tiefdruckgebiet
angesagt war und laut Wetterberatung die besseren Bedingungen
für eine längere Fahrt nach Norden gegeben waren,
bemühten wir uns, eine Schicht mit Südwind (der
ja bekanntlich nach Norden bläst) zu erwischen. - Keine
Chance.
Landeck war unter uns und wir bewegten uns eindeutig Richtung
Reschenpaß der Sonne entgegen. Welche Freude, wir waren
nicht alleine in der Luft. Südöstlich von uns konnten
wir 2 Konkurrenten ausmachen, wie sich später herausstellte
waren dies Fürstner/Huber und Spenger/Stoll.
Spitzengeschwindigkeiten von 11kt ließen uns nicht gerade
in einen Rausch verfallen, aber wir hatten einen dichten Ballon
über uns und genug Sand und Wasser als Ballast im Korb.
Kalt war's hier heroben. Zwar kam`s nicht unverhofft, aber
irgendwie waren wir doch verwöhnt durch die letztjährige
Gordon Bennett Fahrt im wärmeren New Mexiko.
Unser Weg führte jetzt über das Schweizer Inntal,
St. Moritz entgegen. Die Sonne löste die Wolken auf und
wir beschlossen, da der Ballon von selber zu sinken begann,
ihn auf seiner selbst gewählten Höhe zu lassen.
Was sich spürbar in einer Temperaturzunahme bemerkbar
machte.
Hier konnten wir auch direkt unter uns unsere Verfolgercrew
ausfindig machen. Da wir uns nun mehr auf einem Kurs Richtung
Westen, also Richtung Frankreich befanden, entschlossen wir
uns, mit der Rennleitung Kontakt aufzunehmen, um für
dieses Land eine Freigabe als Wettbewerbsgebiet zu erhalten.
Dabei erfuhren wir auch, daß bereits 2 Ballone im Tiroler
Inntal gelandet waren.
Nun war es Zeit für mich, eine Ruhepause einzuhalten.
Aufgeweckt wurde ich durch Thomas, der mir den Landschaftswechsel
nicht vorenthalten wollte. Wir waren nun über Italien.
Die andere Architektur und der Eindruck, daß da unten
keiner so richtig aufräumt zeigte deutlich, daß
wir nicht mehr über der Schweiz waren. Natürlich
folgte der Ballon den Talverlauf nach Süden dem Como
See entgegen.
Von hier konnte man aber die gestauten Wolkenmassen über
der Poebene ausmachen, in die wir nicht einfahren wollten.
Die Sonne war im Begriff unterzugehen. In einem Tal östlich
vom See und nur wenige km von Foppollo, dem Landeplatz unserer
ersten Gordon Bennett Fahrt entfernt, wollten wir geschützt
unter dem Gipfel die Nacht verbringen. Ich legte mich wieder
schlafen. Diesmal weckte mich Thomas. Ruhig war's hier wirklich
nicht. Es ging rauf und runter, da der Mond noch nicht zu
sehen war, war es auch sehr dunkel. Ein Blick gegen Süden
ließ uns unseren Plan umwerfen, etwas steigen und weiterfahren.
Da es Nacht war konnte man eindeutig die Lichter von Mailand
ausmachen. Thomas und ich tauschten wieder die Rollen und
er legte sich nieder. Wir überquerten den Como See und
traten über Como in die Poebene ein. Diese empfing und
mit riesigen Feuerwerken. Rund um uns gingen die schönsten
Raketen in die Luft, ein Open Air Konzert einer ital. Gruppe
war ein gelungener Abschluß dieser Vorstellung. Der
Mond stand nun voll am Himmel, die Berge waren hinter uns
und wir fuhren ca. 150 m über dem Boden in Richtung Süden.
Am Mailand Radar waren noch 2 Ballone zu hören Fürstner/Huber
und Spenger/Stoll. Da wir nicht allzu schnell unterwegs waren,
hatte sich unsere Crew in Como zum Übernachten einquartiert.
Dunkle Felder und kleine Ortschaften tauchten unter uns auf.
Alles war friedlich. Mailand Radar hatte uns drei Ballone
auf eine eigene Frequenz geschickt und dort herrschte dann
auch Funkstille.
Thomas wachte wieder auf und übernahm für 3 Std.
die Führung, danach war wieder ich dran. Bei Morgengrauen
überquerten wir die Sandbänke des Pos und waren
nicht mehr weit von Alessandria entfernt.
Östlich von uns sah es nicht gerade einladend aus, westlich
war schönstes Wetter. Wir meldeten uns wieder bei Mailand,
konnten aber keinen Kontakt erstellen, worauf wir uns mit
Genua in Verbindung setzten.
B: Good morning Genua, This is OE-ZZI.
R: Genua, Good Morning.
B: OE-ZZI, Gasballoon, VFR from Lech/Austria request enter
and cross your controlzone.
R: OE-ZZI, your position and your destination
B: We are 10NM on Radial 040 inbound Genua VOR, we are a
freeballoon, we have no destination
R: OE-ZZI, all VFR flights in Italy must have a destination.
B: In this case our destination is Roma
R: Confirm Roma, call me Genua VOR.
Kurz gesagt, er hatte keine Ahnung, wie ein Ballon gesteuert
wird. Die Sonne stieg höher und es war Zeit zu einem
gemütlichen Frühstück.
Funkspruch eines "feindlichen Ballones" aus Genua,
natürlich spitzten wir die Ohren. Positionreport. Thomas
malte die Koordinaten auf unsere Sitzbank, Höhe FL 180
(?)
Genua war total konfus, Position in Koordinaten, damit konnte
er nichts anfangen. Wichtiger war ihm die Richtung zum Genua
VOR (anscheinend der einzige Punkt weit und breit von dem
er genau wußte wo er lag). Verwirrt fragte er uns nochmals,
nach der Höhe und konnte nicht verstehen, daß wir
nur in 2000 ft waren.
Ein Griff zur Karte zeigte uns, daß die angegebene Position
von Spenger/Stoll über dem Meer südwestlich von
Korsika lag.
Das war ja nicht unbedingt unser Plan, übers Meer zu
fahren. Da nicht so genau feststand, daß man nicht bis
Afrika unterwegs war - und ob dafür der Sand reichte?
Da sich unser Ballon bequemte, seine Fahrt wieder nach Westen
auszurichten, wurde unsere Hoffnung auf Frankreich wieder
größer. Unser Wunsch nach größerer Höhe
entband Genua von der Bürde unseres Daseins auf seiner
Frequenz. Wir waren wieder beim Mailänder angelangt.
Ein roter Hubschrauber kam laut knatternd auf uns zugeflogen,
umkreiste uns von immer anderen anderen Positionen. Was wollte
er von uns? Mailand wußte von keinem Problem, daher
setzten wir unsere Fahrt fort. Der Wind drehte nun langsam
wieder und unsere Fahrt ging immer mehr in Richtung Küste.
Der Bodenwind, gut erkennbar am Rauch von großen Schornsteinen
am Rand von Savonna ging noch eindeutiger in diese Richtung.
Nun entschlossen wir uns in Savonna zu landen, da wir, wie
schon erwähnt, nicht aufs Meer wollten. Selbst mit dem
Bewußtsein, das Spenger/Stoll eindeutig vorne liegen.
Unsere Verfolger waren auch schon wieder auf dem Weg zu uns
und kannten unser Vorhaben. Wir fädelten in das Tal nach
Savonna ein und die Geschwindigkeit nahm ständig zu.
Es wurde immer schneller und immer mehr Hindernisse tauchten
auf. Hochspannungsleitungen, die Oberleitung der Bahn. Eine
Kirche entging nur knapp der zweifelhaften Ehre unser Landeplatz
zu werden. Immer klarer wurde uns, daß auch weiter zum
Meer keine geeigneten Landeplätze vorhanden sind.
Ein bewaldeter Nordhang, an dem offensichtlich keine Leitungen
waren, wurde rasch von uns auserkoren. Schlepptau hinaus,
Ventil geöffnet, Sandsäcke parat zum Abwurf. Das
Schlepptau verhängte sich wie ein Anker in den Bäumen
und bremste uns erheblich ab. Durch das Ablassen vom Gas senkten
wir uns langsam auf die Baumwipfeln. Dies war nun der wirklich
unangenehme Moment der Landung. Solange der Korb noch nicht
unter die Baumkronen getaucht war, wollte ihn die Hülle
natürlich weiter ziehen. Wir flogen von einem Baum zum
anderen und mußten aufpassen, daß wir nicht unfreiwillig
den Korb vorzeitig verliessen.
Zwischen den Baumstämmen eingeklemmt sanken wir dann
wieder sanfter dem sehr steilen Erdboden entgegen. Das Ventil
war die ganze Zeit geöffnet. Nach dem Aufsetzen befestigte
Thomas mit unseren Seilen den Korb an den umliegenden Bäumen.
Wir räumten den Korb aus und dann wurde die Reißbahn
geöffnet, damit der Ballon nun schneller herunterkam.
Die Hülle in den Korb zu bekommen war wegen des steilen
Hügels und der morschen Zweige, die abbrachen wenn wir
uns anhalten wollten, etwas mühsam. Endlich ist doch
alles geschafft und der Korb für die Abholung mit einem
Hubschrauber fertig. Da, eine Stimme aus dem Funkgerät.
Unsere Crew ist im gleichen Tal wie wir. Durch den Urwald,
es führt hier kein Weg herauf, brauchen wir gar nicht
so lange um auf die Straße und auf unsere Verfolger
zu stoßen.
Nach einem Mittagessen teilen wir uns. Joyce, unsere Observerin
(Hilfsschiedsrichterin) Hans und ich gehen wieder den Berg
hinauf, Thomas und Nik wollen den Hubschrauber organisieren.
Wir rechnen, daß sie ca. 3 Stunden brauchen werden.
Gott sei Dank hatten wir das Futterpaket obenauf gelegt und
nun ausgiebig Zeit für ein Picknick.
Ziemlich genau nach 3 Stunden kam dann wirklich der Hubschrauber,
übrigens der, der uns am Morgen besucht hatte. Die Besatzung
hatte es nicht leicht uns zu finden, da sich die Baumkronen
schützend über uns zusammengetan hatten. Trotzdem
konnten wir uns bemerkbar machen. Sie ließen etwas tiefer
von uns ein Besatzungsmitglied zu Boden. Da nur ein zu kurzes
Seil an Bord war, konnten sie nicht gleich den Korb aufnehmen.
Bald kamen sie wieder und holten unser gutes Stück aus
dem Wald und brachten es auf eine kleine Wiese in der Nähe
der Straße. Hier konnten wir alles sortieren und auf
den Hänger plazieren, genau rechtzeitig bei Einbruch
der Dunkelheit.
Als ich am nächsten Morgen aus dem Hotelfenster den Küstenstreifen
beobachtete, war mir klar, daß die nächste Landemöglichkeit
wirklich nur mehr das Meer gewesen wäre.
Diese 31stündige Fahrt brachte uns den 3. Platz hinter
den verdienten Siegern Spenger/Stoll, die es wirklich nach
Sardinien schafften und Fürstner/Huber, die in Albenga
landeten. Nächstes Jahr geht es also in die Schweiz.
|